Carsten Wengel über die Zukunft von G+D Netcetera
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Namentlich rückt G+D Netcetera im neuen Jahr näher an den Security-Tech-Konzern Giesecke+Devrient. Abseits davon ändert sich aber nicht viel, sagt CEO Carsten Wengel. Im Interview mit inside-it.ch führt er aus, wie die Zusammenarbeit konkret gelebt und die globale Expansion gemeinsam vorangetrieben wird.Netcetera heisst neu G+D Netcetera. Welche Überlegung steckt hinter dem neuen Namen?Giesecke+Devrient (G+D) war 2020 mit einer Minderheitsbeteiligung von 30% bei Netcetera eingestiegen. 2023 wurde die Beteiligung auf 60% erhöht. Zu diesem Zeitpunkt habe ich die Rolle des CEO von meinem Vorgänger Andrej Vckovski übernommen. Inzwischen ist die Beteiligung auf 97% gestiegen.Damit stand die Frage im Raum, was mit den beiden starken Marken passiert. G+D ist in Deutschland und weltweit sehr bekannt, Netcetera in der Schweiz und vor allem im deutschsprachigen Raum. Eine Überlegung hinter dem neuen Markennamen ist, dass uns als Netcetera die Bekanntheit von Giesecke+Devrient bezüglich Wahrnehmung im Markt gerade in den Ländern hilft, in denen wir noch nicht so bekannt sind.Gab es Überlegungen, den Namen Netcetera fallen zu lassen?Ein klares Nein. Die Beibehaltung des Namens war uns sehr wichtig und macht auch absolut Sinn. Wir machen nach wie vor über 75% unseres Geschäfts in der Schweiz. Wir haben ein Schweizer Erbe, die Schweiz ist unsere Heimat und wir sind in der Schweiz extrem bekannt. Die Werte, für die Netcetera steht, wollen wir auf jeden Fall weiter pflegen.Lediglich das neue Logo nähert sich in der Farbgebung etwas an G+D an. Das wurde und wird aber auch bei anderen G+D-Töchtern so gehandhabt.Die neue G+D Netcetera ist im Vergleich zum Mutterkonzern ein Winzling. Welchen Einfluss haben Sie?Anstelle des Grössenunterschieds möchte ich lieber über das Potenzial sprechen. Netcetera ist innerhalb von G+D ein Growth Stock, wie man im Englischen sagt. Und G+D selbst muss sich digital erneuern. Darauf setzen wir und dazu können wir als Netcetera einen grossen Beitrag leisten.Ein Beispiel ist die sehr grosse Expertise im Bereich Cloud Services bei Netcetera. Hier können die Kolleginnen und Kollegen helfen, denn G+D will sich selbst eine Cloud-Strategie geben.Andere Themen sind natürlich der Umgang mit Menschen in einer digitalen Welt. Für uns sind unsere Talente der wertschöpfende Bereich. Und deshalb kümmern wir uns sehr intensiv um die Ausbildung und Weiterentwicklung unserer Mitarbeitenden.Zum Beispiel mit universitären Weiterbildungen oder Leadership Development. Deshalb spielt unsere Grösse nicht so sehr eine Rolle, sondern viel mehr das Potenzial und die Fähigkeiten, die wir in die G+D-Organisation einbringen.Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit Giesecke+Devrient?Ich habe das Thema Cloud erwähnt. Wir haben aber auch KI-Themen, die wir gemeinsam angehen. Wie und wo wir die Themen behandeln, hängt davon ab, wo die Expertise liegt. So kann es sein, dass unsere Talente aus der Schweiz an Projekten arbeiten oder unsere Mitarbeitenden in Nordmazedonien. Sehr oft ist es aber eine Zusammenarbeit von Kolleginnen und Kollegen aus beiden Ländern. Daraus ergeben sich immer wieder neue Konstellationen, wie Wertschöpfung auch stattfinden kann, und wir bringen unsere internationale Expertise wirklich ein – sowohl für unsere Kundinnen und Kunden als auch für G+D. Die Zusammenarbeit funktioniert auch in anderen Bereichen, zum Beispiel im Vertrieb. G+D arbeitet weltweit mit Banken und Finanzdienstleistern zusammen und hat Kunden von Argentinien bis Australien, von China bis in die USA. Netcetera war dagegen vor allem im deutschsprachigen Raum tätig. Insofern hilft uns G+D als Vertriebspartner, neue Märkte zu erschliessen. Im vergangenen Jahr konnten wir erste schöne Erfolge feiern. Wir haben Projekte in Ägypten, Australien, Japan und Mexiko gewonnen.Welche Lösungen von Netcetera sind beispielsweise in Australien neu im Einsatz?Hier konnten wir die langjährigen Beziehungen zwischen den G+D-Vertriebskollegen und den Delivery-Kollegen nutzen, um Projekte zu gewinnen. In Australien arbeiten wir zum Beispiel mit dem regionalen Scheme zusammen, für das wir Click to Pay entwickeln. In Ägypten haben wir 3-D Secure für eine der grössten Banken implementiert.Sind Änderungen in der Organisation zu erwarten?Wir haben in den letzten Jahren bereits viel an der Organisation gearbeitet. G+D Netcetera besteht heute aus vier Divisionen beziehungsweise Geschäftsbereichen: Digital Banking, Payment & Identity, Financial Technology und Digital Enterprise, wo wir Unternehmen aus den Bereichen Mobilität, Gesundheitswesen und im Publishing-Bereich bedienen.Können Sie ein Kundenprojekt nennen, bei dem Sie eine bemerkenswerte Lösung realisiert haben?Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass wir an den "Best of Swiss App Awards 2024" ausgezeichnet wurden. Gemeinsam mit unserer Kundin Valiant haben wir in den Kategorien User Engagement und User Experience für die Banking-App je einen bronzenen Award gewonnen.Ein weiteres Kundenprojekt ist die Viseca One App, bei der Kreditkarten digital hinterlegt werden können. Der Service wird mittlerweile von mehreren Millionen Konsumentinnen und Konsumenten genutzt und wächst stetig weiter. Die App gehört zu den meistgenutzten im Bankenumfeld in der Schweiz.Gibt es ein Projekt, das in Schieflage geraten ist und das Sie retten mussten?Mir ist keines bekannt.Allerdings hatten wir bei unserer Pensionskassenlösung einige Herausforderungen zu meistern. Die Architektur dieses Produkts musste während des laufenden Betriebs an einigen Stellen erneuert werden. Das sind immer sehr herausfordernde Projekte, die man so schnell wie möglich abschliessen muss. Wir lassen nicht locker, denn es ist eines der grössten Investitionsprojekte, dass wir bei G+D Netcetera zurzeit haben.Was sind Ihre Pläne für die Zukunft von G+D Netcetera?Wenn ich in unser Auftragsbuch schaue, kann ich sehr zuversichtlich in die Zukunft blicken. Einige Stichworte zur langfristigen Entwicklung habe ich bereits genannt, zum Beispiel die Internationalisierung. Wir wollen neue Märkte erschliessen, zum Beispiel Nordamerika. Aber auch in Europa gibt es noch sehr viele Länder, wie Frankreich und Grossbritannien, in denen wir noch nicht so stark vertreten sind. Weiter planen wir in den nächsten zwei bis drei Jahren substanzielle Zukäufe und möchten unser Payment- und Banking-Portfolio mit skalierbaren Produkten mit Fokus auf den europäischen Markt erweitern.Carsten WengelDer heutige CEO von G+D Netcetera, Carsten Wengel, stiess im Februar 2023 zu Netcetera. Zuvor war er sechs Jahre beim heutigen Mutterkonzern Giesecke+Devrient beschäftigt. Wengel begann seine Karriere bei IBM in Deutschland, wo er über 20 Jahre in verschiedenen Managementpositionen tätig war. Er hält einen Doktortitel in Theoretischer Physik.
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