PC-WELT DownloadsNeben der neuen Ubuntu-Hauptedition von Canonical mit Gnome-Desktop sind wie immer zeitgleich auch die offiziellen Ubuntu-Flavours Kubuntu, Xubuntu & Co. in neuer Version 23.10 erschienen. Alle Editionen stehen auf der Systembasis der Ubuntu-Hauptedition, unterscheiden sich aber in ihrer Desktopumgebung inklusive der zugehörigen Tools und verwenden zum Teil auch einen anderen Installer (Kubuntu, Lubuntu). Wegen der kurzen Laufzeit von neun Monaten ignorieren viele Anwender diese STS-Ausgaben (Short Term Support) und konzentrieren sich auf LTS-Versionen (Long Term Support). Die nächste LTS-Version ist schon im April 2024 fällig: Lohnt sich noch ein Intermezzo mit der Version 23.10? Die Verspätung: Die Hauptedition von Ubuntu (Gnome) und Ubuntu Budgie verspäteten sich um eine knappe Woche. Ursache war antisemitische Hetze, die in die ukrainische Lokalisierung des neuen Installers mit Flutter-Oberfläche eingebaut war. Da nur Ubuntu und Ubuntu Budgie diesen Flutter-Installer verwenden, waren die restlichen Flavours nicht betroffen. Canonical stellte bis zur Bereinigung des Installers temporär (sechs Tage lang) ein „Legacy“-ISO zur Verfügung, das die Ubuntu-Hauptedition mit dem alten Installer auf den Rechner brachte. Der Schmutz ist inzwischen auch aus dem Flutter-Installer vollständig entfernt, mahnt aber eindrücklich, wie verwundbar Open-Source-Projekte sein können, wenn an Kontrollmechanismen gespart wird … Siehe auch: Ubuntu oder Ubuntu LTS: Wo lohnt sich der Long-Term-Support? STS-Zwischenversion: Ja oder nein? Upgrade zur Zwischenversion Ubuntu 23.10: Die Langzeitversion 22.04 wird diesen Vorgang nicht anbieten, solange hier nicht explizit „Für jede Version“ eingetragen ist. IDG Ubuntu 23.10 ist wie alle Zwischenversionen keine Sackgasse, sondern kann im Frühjahr 2024 auf die LTS-Langzeitversion 24.04 upgraden. Diese bietet dann drei Jahre (Kubuntu, Xubuntu, Lubuntu etc.) oder fünf Jahre (Hauptedition von Canonical mit Gnome) Updatesupport via Aktualisierungsverwaltung. Bei kurzlebigen Ubuntu-Zwischenversionen stellt sich dennoch die Frage, ob sich die Installation oder das Upgrade einer älteren Version auf 23.10 tatsächlich lohnt. Dazu folgende Empfehlungen: Neueinsteiger können ohne Bedenken zur Version 23.10 greifen, weil im nächsten Jahr das Upgrade auf die LTS-Version 24.04 möglich ist. Bevor Version 23.10 abläuft, bleiben drei Monate Zeit, um sie per Upgrade auf Version 24.04 zu befördern. Ubuntus „Aktualisierungsverwaltung“ bietet dies aktiv an, sobald der Nachfolger vorliegt (siehe dazu den Kasten „Installation und Upgrade“). Wer aktuell die Zwischenversion Ubuntu 23.04 installiert hat, muss auf Version 23.10 upgraden, denn 21.04 läuft im Januar 2022 ab. Für aktuelle Nutzer der Langzeitversion Ubuntu 22.04 gibt es wenige Gründe für ein Upgrade auf 23.10, es sei denn, Kernel 6.5 wird dringend benötigt, um ein Problem mit aktueller Hardware aus dem Weg zu schaffen. Der aktuellere Kernel bringt tatsächlich relevante Verbesserungen mit (siehe unten), akute Hardwareprobleme wird er aber kaum beheben, zumal die LTS-Version 22.04 durch Aktualisierung inzwischen bei Point Release 22.04.3 angelangt ist, das auch bereits den Kernel Version 6.2 enthält. Siehe auch: Ubuntu 23.10 richtig installieren – so geht’s Ubuntu 23.10: Allgemeine Neuerungen Brandaktueller Kernel: Alle Ubuntus 23.10 erhalten den Linux-Kernel 6.5. Das ist dieses Mal, wie es der zeitliche Zufall will, die aktuellste Basis, die eine Linux-Distribution derzeit anbieten kann. Brandneue Kernel sorgen immer für ein Plus an unterstützter, neuer Hardware. An erster Stelle steht, dass Ubuntu 23.10 über den aktualisierten Kernel erstmals Unterstützung für Wi-Fi 7 mitbringt. Auf AMD-Ryzen-CPUs unterstützt Kernel 6.5 alle P-States (CPU-Leistungszustände) und arbeitet damit stromsparender. Durch gleichzeitige Auslastung aller CPU-Kerne sollen sich außerdem die Bootzeiten generell verkürzen. Noch deutlicher wird dies mit virtuellen Linux-Systemen, weil diese den zugewiesenen Arbeitsspeicher jetzt nicht mehr komplett sofort adressieren müssen, sondern dynamisch – erst sobald er in der virtuellen Maschine gebraucht wird. Mehr Sicherheit für PPA-Software: Personal Package Archives (PPAs) erlauben Ubuntu-Distributionen seit vielen Jahren, das Softwareangebot durch externe Quellen zu erweitern. Die Methode unterscheidet sich substanziell vom Windows-Wildwuchs beliebiger Installationspakete, weil der Weg immer über die Site https://launchpad.net führt, die vom Ubuntu-Distributor Canonical betrieben wird. Trotzdem wurde mittlerweile als theoretisches Sicherheitsrisiko eingestuft, dass die Zuordnung einer PPA-Quelle zu ihrem Schlüssel nicht eindeutig ist. Dies könnte theoretisch genutzt werden, einen vorhandenen GPG-Schlüssel zur Installation einer falschen PPA-Software zu missbrauchen. Daher wird das bisherige Verfahren schrittweise abgeschafft und die Schlüsselinformation jeweils mit der Paketquelle gespeichert. Die Zuordnung ist somit eineindeutig und das Entfernen eines PPA entfernt auch den zugehörigen Schlüssel. Bis dies für alle PPA-Pakete abgeschlossen ist, ist gelegentlich mit Warnmeldungen über ungültige „Apt- Keys“ zu rechnen. Der Raspberry 5 packt das anscheinend: Beim vom Pi Imager angebotenen Ubuntu 23.10 handelt es sich um die Hauptedition mit Gnome- Desktop. IDG Konsolidierte Netzwerkverwaltung: Wenngleich das normale Desktopanwender kaum mitbekommen dürften, konkurrieren unter Ubuntu seit sechs Jahren zwei Konzepte zur Netzwerkkonfiguration – der Network-Manager und Netplan. Diese Koexistenz bleibt zwar bestehen, sodass Systembenutzer weiterhin die Basiseinstellungen über den grafischen Networkmanager (in der Systemleiste) erledigen können. Aufgehoben wurde aber die Konkurrenz der Methoden: Die Netplan-Konfiguration ist bestimmend und der Network-Manager wird zum Front-End degradiert, das im Hintergrund Netplan verwendet. Damit sollten Systemverwalter künftig konfliktfrei arbeiten können, unabhängig davon, ob sie Einstellungen in Netplan oder im Network-Manager ändern. Raspberry Pi 5: Ubuntu 23.10 läuft von Haus aus auf dem neuen Raspberry Pi 5. Der einschlägige Raspberry Pi Imager (www.raspberrypi.com/software) für den Systemdownload und die Einrichtung bietet als Ubuntu 23.10 erstaunlicherweise die relativ anspruchsvolle Gnome-Hauptedition an. Laut ersten Testberichten bedient der neue Raspberry 5 diesen Desktop aber jederzeit flüssig. Ubuntu-Hauptedition mit Gnome 45 Festplattenverschlüsselung mit TPM: Der Installer von Ubuntu 23.10 liefert eine Vorschau auf die hardwaregestützte Festplattenverschlüsselung. Da dies vorläufig nur beim Flutter-basierten, neuen Installer der Fall ist (also Hauptedition und Budgie-Edition), führen wir diese Neuheit an dieser Stelle und nicht als allgemeine Neuerung. Sie wird aber wahrscheinlich künftig auch in anderen Flavours Einzug halten. Laufwerksverschlüsselung via TPM-Chip: Diese Funktion erscheint im Ubuntu-Installer noch als „Experimentell“, soll aber demnächst die Authentifizierung vereinfachen. IDG Die Option findet sich beim Installationsschritt „Art der Installation“ unter „Erweiterte Funktionen“, wird hier noch als „Experimentell“ bezeichnet und bleibt bei nicht kompatibler Hardware inaktiv. Ziel der Funktion ist es, die Eingabe komplexer Kennwörter zu ersparen. Der Entsperrschlüssel wird im Trusted Platform Module (TPM) der Hardware gespeichert und eröffnet damit einfachere Authentifizierungsmethoden, etwa durch einen Fingerabdruck-Leser. Die Funktion soll erst ab Ubuntu 24.04 LTS uneingeschränkt verfügbar sein. Reduzierte Standardinstallation: Die frühere Installeroption „minimale Installation“ ist jetzt die voreingestellte „Standard- Installation“. Das sollte man wissen, wenn man typische Kandidaten wie Libre Office, Thunderbird oder Shotwell mitinstallieren will. Zu diesem Zweck muss nun explizit die Option „Vollständige Installation“ gewählt werden. Der neue Standard gilt nur für die Hauptedition und ist insofern erstaunlich, als die genannten Softwarekandidaten (und weitere mehr) auf dem Installationsmedium und im Livesystem durchaus vertreten sind. Renovierte Softwarezentrale: Die deutliche Unterscheidung zwischen Snap- und DEB-Paket ist gut, alles andere noch eher Betastadium. IDG Neues Ubuntu App Center: Die Softwarezentrale zur Installation zusätzlicher Software („Anwendungszentrale“ oder intern „Gnome-Software“) ist in der Hauptedition komplett erneuert. Das mit Googles Flutter gestaltete Systemwerkzeug ist beim ersten Aufruf auffällig schneller am Start. Eindeutig positiv zu bewerten ist ferner die klare Unterscheidung zwischen Snap- und Debian-Paketen, sobald man in der Suche einen Softwarenamen eingibt. Ansonsten ist die Zentrale aber schlichter als der Vorgänger und mit lediglich drei Kategorien „Produktivität“, „Entwicklung“, „Spiele“ aktuell wohl noch unfertig. Dies lässt sich vorläufig nur durch zielsichere Paketsuche kompensieren. Ein weiteres absolutes Manko ist das Fehlen der bisherigen Übersicht „Installiert“. Insgesamt ist die neue Anwendungszentrale in Ubuntu 23.10 eher ein Versprechen für die Zukunft als ein produktives Werkzeug. Firmware-Updater: Die Aktualisierung von Firmware der Systemhardware und Komponenten lagert Ubuntu 23.10 jetzt in ein Extra-Tool aus – den Firmware-Updater. Das braucht man nicht täglich, aber das zusätzliche Werkzeug macht das Installieren und Aktualisieren unter Ubuntu nicht übersichtlicher. Gnome-„Aktivitäten“: Das neue dynamische Schaltflächendesign für den vorher statischen „Aktivitäten“-Eintrag in der Systemleiste dient jetzt als Arbeitsflächen-Indikator und stellt die Anzahl der Arbeitsflächen (Punkte) sowie die aktuell genutzte Arbeitsfläche (kleiner Balken) visuell dar. Dabei behält das Control aber seine bisherige Funktion: Klickt man darauf, öffnet sich die bekannte Aktivitätenübersicht mit Fenster, Programmsuche und Arbeitsflächen. Windows-analoges Fensterarrangement („Tiling“): Gnome 45 bietet nach Ziehen an einen Bildschirmrand die übrigen Fenster an, um das gewünschte daneben zu platzieren. IDG Erweitertes Fenster-Tiling: Windows-ähnlich ist das neue Gnome-Verhalten, nach einem an den Bildschirmrand gezogenen Fenster (das dann hier einrastet), eine Taskliste zu erhalten, um dort ein anderes Programmfenster auszuwählen. Dieses rastet dann in der anderen Bildschirmhälfte ein. Außerdem sind nun Viertelkacheln für vier Fenster möglic, und im Gnome-Control-Center erscheint unter „Multitasking“ ein neuer Abschnitt „Tiling“. Hier kann der Anwender einstellen, inwieweit er diese Gnome-Funktion nutzen will. So lässt sich etwa das Pop-up, das die anderen geöffneten Fenster anbietet, auch abschalten. Schnelleinstellungen (Quick Settings Menu): Das kleine Systray-Menü in der Systemleiste ganz links wird unter Gnome immer wichtiger. Es führt bekanntlich zu den Netzwerk- und Audioeinstellungen, zum allgemeinen Kontrollzentrum, zu den Abschaltfunktionen, Themen und Energieeinstellungen. Jetzt kommt auch noch ein Control zu Tastaturbeleuchtung hinzu (falls solche Hardware vorhanden). Zur noch schnelleren Erreichbarkeit erhält das Mini-Menü den neuen Hotkey Super-S. Dateimanager Nautilus: Die Suchfunktion für Dateien im Dateimanager wurde beschleunigt und die Optionen, welche die Suche schon länger anbietet, werden durch ein neues Filtersymbol deutlicher als bisher angeboten und visualisiert. Die Ubuntu-Flavours: Ein Kurzdurchgang Alle offiziellen Ubuntus 23.10 erhalten die Neuerungen, die der Punkt „ Ubuntu 23.10: Allgemeine Neuerungen“ anspricht. Da am Desktop der Flavour-Distribution jeweils folgende Versionen zum Einsatz kommen, ist dort wenig Neues zu erwarten. Beim Cinnamon-Flavour gibt es kleine Neuerungen im Vergleich zum Ubuntu-Vorgänger 23.04, bei Mate minimale Verbesserungen seit 1.26. Hübsche Gnome-Variante: Ubuntu Budgie zähmt viele Gnome-Eigenheiten, scheint aber in Version 23.10 an etlichen Ecken unfertig und fehlerhaft. IDG Bei der bisher nicht genannten Budgie-Variante (mit Budgie 10.8) bleibt einiges seltsam bis fehlerhaft: Das Livesystem lässt den Installer-Link am Desktop und auch im automatisch startenden „Welcome“ vermissen: Immerhin erscheint hier der Hinweis, den Link „Install Release“ im Hauptmenü aufzusuchen. Danach startet der Installer in neuer Flutter-Optik. Die Installation verläuft aber ohne die üblichen Infos, das Installer-Fenster bleibt einfach leer. In virtueller Maschine bringen einige Aktionen den Budgie-Desktop zuverlässig zum Absturz, so etwa der Aufruf des wichtigen Budgie-Control-Center („Einstellungen“) oder ein Ändern des Desktophintergrunds. Damit ist das virtuelle System nicht produktiv nutzbar. Nativ installiert treten diese Fehler zwar nicht auf, trotzdem können wir Ubuntu Budgie 23.10 aktuell nicht empfehlen. Installation und Upgrade Die ISO-Images mit den Ubuntu-Live- und Installationsmedien sind erheblich angewachsen. Unter drei Gigabyte geht nichts mehr, und die Hauptedition geht Richtung fünf GB. Infos und Downloads für alle weiteren Ubuntu-Flavours finden Sie auf der Sammelseite https://ubuntu.com/desktop/flavours. Flavours mit unterschiedlichen Desktops gibt es mittlerweile fast zu viele: Kubuntu (KDE), Lubuntu (LXQT), Xubuntu (XFCE), Ubuntu Budgie, Ubuntu Cinnamon, Ubuntu Mate und Ubuntu Unity. Es handelt sich bei allen ISO-Downloads um hybride Abbilder, die sowohl von DVD wie von USB booten. Statt dafür einen DVD-Rohling zu verschwenden (etwa mit Brasero, Infrarecorder), können Sie das gewünschte ISO-Image mit den bewährten Werkzeugen auf USB-Stick kopieren (u. a. Etcher, Gnome-Disks, unter Windows mit USB Imager oder ebenfalls mit Etcher). Diese Werkzeuge sind selbsterklärend und verlangen nur die Angaben der ISO-Datei und des USB-Sticks als Kopierziel. Wir empfehlen nach dem Booten des ISO-Livesystems auf dem Zielrechner für Installationen immer die Option „Ausprobieren“ (statt direktes „Installieren“) und den anschließenden Start des Installationslinks am Desktop des Livesystems. Das Livesystem im Hintergrund bietet in Zweifelsfällen bessere Kontrolle: So kann dann etwa das Terminal oder die Laufwerksverwaltung Unsicherheiten hinsichtlich der Laufwerkskennungen beseitigen, bei Bedarf kann vor der Installation noch eine Datensicherung erfolgen. Upgrade älterer Versionen: Alle Ubuntu-Editionen bieten über das Systemtool „Aktualisierungsverwaltung“ das Upgrade auf die jeweils aktuelle Version an. Dazu muss vorher mit der „Aktualisierungsverwaltung“ oder im Terminal mit sudo apt updatesudo apt upgrade eine vollständige Systemaktualisierung erfolgt sein. Außerdem muss unter „Anwendungen & Aktualisierungen –› Aktualisierungen“ der unterste Punkt „Auf jede neue Version“ gesetzt sein. Beim Start der „Aktualisierungsverwaltung“ erhalten Sie dann das Upgradeangebot gemäß Abbildung. Auf genau dieselbe Weise bringen Sie Version 23.10 im nächsten Frühjahr auf die LTS-Version 24.04.

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